PM aus NRW: Keine Fristverlängerung im Kirchenasyl

Pressemitteilung vom 28.01.2019

Keine Fristverlängerung im Kirchenasyl

NRW-Verwaltungsgerichte entscheiden gegen die Verschärfungen des
Kirchenasyls durch die Innenministerkonferenz Köln/Münster.

Zwei Beschlüsse der Verwaltungsgerichte (VG) von Aachen und Düsseldorf stellen das Einstufen von Menschen im Kirchenasyl als untergetaucht fundamental in Frage. Seit August 2018 ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch einen Beschluss der Innenministerkonferenz dazu übergegangen, in nahezu 95% aller Kirchenasyle die Fristen für Abschiebungen von sechs auf 18 Monate zu verlängern.

Hintergrund ist, dass entsprechend der Dublin-III-Verordnung eine Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert wird, wenn eine Person flüchtig ist und sich durch Untertauchen aktiv der Abschiebung entzieht. Unter verschärften Bedingungen werden Kirchenasyle nun meist einem Untertauchen gleichgesetzt und entsprechend erfolgt hier die Fristverlängerung. Beide Gerichte halten eine solche Fristverlängerung im Kirchenasyl für rechtswidrig. So kann ihrer Auffassung nach die Frist, innerhalb der Geflüchtete aus Deutschland in einen anderen europäischen Mitgliedsstaat abgeschoben werden können, um dort ihr Asylverfahren zu durchlaufen, durch ein Kirchenasyl nicht verlängert werden: Denn der Aufenthaltsort im Kirchenasyl ist dem BAMF und den Ausländerbehörden bekannt. Deshalb kann nicht von einem Untertauchen die Rede sein. Das VG Düsseldorf unterstreicht in seiner Begründung: „Zwar wird das Kirchenasyl in der Regel – und so auch hier – gewählt, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Person im Kirchenasyl nicht flüchtig war, da dem Bundesamt und auch der zuständigen Ausländerbehörde der Aufenthaltsort im Kirchenasyl bekannt war.“ Diese Gerichtsentscheidung vom 21. Januar richtet sich eindeutig gegen den Beschluss der Innenministerkonferenz vom Juni letzten Jahres, der dem BAMF die Möglichkeit zur Fristverlängerung gegeben hatte. Geklagt hatte in diesem Fall ein Mann aus dem Iran, der nach Frankreich abgeschoben werden sollte, obwohl er in Deutschland seine einzigen Familienangehörigen hat und ihm eine Abschiebung in den Iran aus Frankreich drohen könnte.

„Wir sind sehr froh über diese eindeutigen Entscheidungen aus Aachen und Düsseldorf, die die Absurdität der Verschärfungen der Bedingungen für das Kirchenasyl durch die Innenministerkonferenz und das BAMF zeigen. Die  Kirchenasyle in NRW dienen alle dazu, Menschen vor inhumanen Härten zu schützen. Wenn dann die Betreffenden unnötig 18 Monate im Kirchenasyl verbringen müssen, ist das eine zusätzliche Belastung“, so Benedikt Kern vom Ökumenischen Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW. „Wir stellen fest, dass die Androhung der Fristverlängerung durch das BAMF bei Kirchengemeinden zu Verunsicherungen führt. Und das soll seitens der Behörden auch das Ziel sein. Die Gerichtsentscheidungen hingegen ermutigen Gemeinden, an dieser Praxis des aktiven Menschenrechtsschutzes weiterhin festzuhalten.“

Hintergrundinfos:
Das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW berät von drohenden Abschiebung Betroffene und evangelische, freikirchliche und katholische Kirchengemeinden in Fragen des Kirchenasyls.
Im Juni 2018 veröffentlichte das Netzwerk mit anderen Akteuren aus der Kirchenasylbewegung eine bundesweite Erklärung, die die Verschärfungen durch die Innenministerkonferenz kritisierte. Derzeit befinden sich in NRW 209 Menschen in 146 Kirchenasylen. 141 davon sind sogenannte Dublin-Fälle. Im Jahr 2018 sind 92% der Kirchenasyle in NRW erfolgreich mit einer Bleibeperspektive der Betreffenden beendet worden. Anfang Januar war es in Solingen zu einem Räumungsversuch eines Kirchenasyls gekommen, der landesweit Empörung über das Vorgehen der Behörden ausgelöst hatte.

Pressemitteilung als pdf:

Pressemitteilung VG-Beschlüsse_28Januar2019

Pressekontakt:
Benedikt Kern
Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.
Institut für Theologie und Politik
Friedrich-Ebert-Str. 7, 48153 Münster
Tel: 0251-39995692
Mobil: 0163-7438704
Mail: nrw@kirchenasyl.de
Web: www.kirchenasyl.de