PM aus NRW: Bundesamt akzeptiert kaum noch Härtefallgründe bei Kirchenasylen

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Pressemitteilung des Ökumenischen Netzwerks Asyl in der Kirche in NRW vom 07.09.2020:

+++Bundesamt akzeptiert kaum noch Härtefallgründe bei Kirchenasylen+++

Humanitäre Kriterien in Dublin-Fällen verlieren dramatisch an Bedeutung

Köln/Münster. Die Quote der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) positiv entschiedenen Härtefalldossiers in Kirchenaslyen betrug 2019 lediglich 3 %. Dies teilte das BAMF dem Evangelischen Pressedienst (edp) laut Meldung vom 25.08.2020 mit. Damit setzt das BAMF seine Praxis der massenhaften Ablehnung der Härtefalldossiers aus den letzten Jahren fort.

Das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW kritisiert die Entscheidungspraxis des BAMF in Kirchenasylfällen: «Dass das BAMF nicht gern eigene Entscheidungen im Rahmen einer Härtefallprüfung zurücknimmt, war absehbar und von Anfang an festzustellen. Insofern ist die aktuelle Entwicklung nicht überraschend. Dem BAMF ging es immer darum, die Zahl der Kirchenasyle deutlich zu reduzieren. Das gelingt am besten, indem man formale Kriterien prüft, anstatt sich mit den humanitären Gründen eines Kirchenasyls ernsthaft auseinanderzusetzen», so Thomas Flörchinger, Vorsitzender des Netzwerks, das Kirchengemeinden und Betroffene in NRW berät. «Letztendlich soll der Eindruck erweckt werden, in den meisten Fällen liege gar keine Härte vor. Das ist natürlich falsch. Kirchenasyl ist immer Menschenrechtsschutz. Das Schicksal jedes einzelnen Menschen, der in einem Kirchenasyl Zuflucht findet, wird von der Schutz gewährenden Kirchengemeinde sowie von kirchlichen Stellen oder dem Netzwerk sorgfältig geprüft. Es sagt viel über Behörden und ihre Absichten aus, wenn sie das Kirchenasyl mit immer neuen Maßnahmen unter Druck setzen oder sich, wie kürzlich der Bundesinnenminister, über sinkende Zahlen im Kirchenasyl freuen.»1

Die Härtefalldossiers werden seit 2015 in Kirchenasylen in sogenannten Dublin-Fällen zur Überprüfung im Blick auf einen möglichen Härtefall vorgelegt. Die Dossiers werden mit dem Ziel eingereicht, dass das Bundesamt den Härtefall anerkennt, den Selbsteintritt Deutschlands erklärt und nicht mehr aufgrund der dort erfolgten Erstregistrierung ein anderer europäischer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. So soll vermieden werden, dass Betroffene in andere europäische Staaten abgeschoben werden und die Möglichkeit auf ein Asylverfahren in Deutschland eröffnet werden.

96 % der Kirchenasyle in NRW endeten in den letzten zwölf Monaten erfolgreich durch den Ablauf der Überstellungsfrist und ermöglichten somit für die Betroffenen eine Bleibeperspektive in Deutschland. Auch die Versuche des BAMF seit 2018 diese Frist im Kirchenasyl von sechs auf 18 Monate zu verlängern, werden von den Verwaltungsgerichten in NRW in den meisten Fällen zum Vorteil der Betroffenen entschieden, so dass Kirchenasyle in der Regel nach sechs Monaten beendet werden können. Daher fordert auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Innenminister des Bundes und der Länder auf, diese rechtswidrige Praxis zu beenden.2

Da die Situation in den europäischen Außengrenzstaaten in vielen Fällen humanitär höchst bedenklich ist, werden Geflüchtete, die dorthin abgeschoben werden sollen, in vielen Fällen ins Kirchenasyl aufgenommen und vor nicht hinnehmbaren Überstellungen geschützt. Die meisten Kirchenasyle enden positiv mit dem Beginn des nationalen Asylverfahrens in Deutschland. Derzeit befinden sich in NRW 86 Menschen in 58 Kirchenasylen, davon 55 Dublin-Fälle. Von den 75 Kirchenasylen, die in den letzten 12 Monaten beendet wurden, hatten 72 Erfolg.

Kontakt für Interviewanfragen:

Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.

Tel: 0251-39995692 | mobil: 0163-7438704

nrw@kirchenasyl.de | www.kirchenasyl.de

Twitter: @KirchenasylN

1 https://www.pro-medienmagazin.de/gesellschaft/gesellschaft/2020/07/15/innenministerium-kirchengemeinden-halten-sich-bei-kirchenasyl-nicht-an-die-regeln/

2 https://www.evangelisch.de/inhalte/174422/03-09-2020/ekd-fordert-ruecknahme-langer-frist-fuer-kirchenasyl