PM aus NRW: Bundesamt akzeptiert kaum noch Härtefallgründe bei Kirchenasylen

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Pressemitteilung des Ökumenischen Netzwerks Asyl in der Kirche in NRW vom 11. Juni 2019

Bundesamt akzeptiert kaum noch Härtefallgründe bei Kirchenasylen

Humanitäre Erwägungen in Dublinfällen verlieren dramatisch an Bedeutung

Die Quote der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) positiv entschiedenen Härtefalldossiers in Kirchenaslyen ist auf nur 1,4 Prozent gesunken. Dies ist ein absoluter Tiefstand seit Einführung der Regelung, dass in Kirchenasylen in sogenannten Dublin-Fällen ein Dossier beim BAMF zur Überprüfung im Blick auf einen möglichen Härtefall vorgelegt wird. Dies geht aus einer Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervor. Die Dossiers werden mit dem Ziel eingereicht, dass das Bundesamt den Härtefall anerkennt, den Selbsteintritt Deutschlands erklärt und nicht mehr, aufgrund der dort erfolgten Erstregistrierung, ein anderer europäischer Staat für das Asylverfahren zuständig ist. So soll vermieden werden, dass Betroffene in andere europäische Staaten abgeschoben werden und die Möglichkeit auf ein Asylverfahren in Deutschland eröffnet werden.

Da die Situation in den europäischen Außengrenzstaaten in vielen Fällen humanitär höchst bedenklich ist, werden Geflüchtete, die dorthin abgeschoben werden sollen, in vielen Fällen ins Kirchenasyl aufgenommen und vor nicht hinnehmbaren Überstellungen geschützt. In NRW befinden sich unserer Kenntnis nach derzeit 205 Menschen in 141 Kirchenasylen, davon 137 Dublin-Fälle.

Das Ökumenische Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW kritisiert die Entscheidungspraxis des BAMF in Kirchenasylfällen: «Die Quote der positiven Dossier-Entscheidungen ist miserabel und ein deutliches Signal dafür, dass nicht humanitäre Gründe, sondern rein formale Kriterien hier Maßstab des BAMF sind. Doch gerade die formale Entscheidung in Dublin-Fällen von Bundesamt und Gerichten ohne Berücksichtigung der individuellen oft dramatischen Notsituationen der Menschen führen erst dazu, dass Kirchenasyle in so hoher Zahl notwendig sind,» so Benedikt Kern, Theologe und Mitarbeiter des Netzwerkes, das Kirchengemeinden und Betroffene berät. «Die Regelung von 2015, nach der das BAMF in jedem Dublin-Kirchenasyl ein Dossier vorgelegt bekommen soll, ist spätestens mit dieser Entscheidungsquote ad absurdum geführt. Ich halte eine Fortführung dieser Dossierpraxis nicht für sinnvoll. Denn wir sehen, wie sehr das Kirchenasyl hiermit beschränkt, verbürokratisiert und verunmöglicht werden soll und wie wenig es dem BAMF darum geht, wirklich angemessen auf humanitäre Notlagen einzugehen.»

83 % der Kirchenasyle in NRW endeten in den letzten zwölf Monaten dennoch erfolgreich durch den Ablauf der Überstellungsfrist und ermöglichten somit für die Betroffenen eine Bleibeperspektive in Deutschland. Auch die Versuche des BAMF seit 2018 diese Frist im Kirchenasyl von sechs auf 18 Monate zu verlängern, werden von den Verwaltungsgerichten in NRW in den meisten Fällen zum Vorteil der Betroffenen entschieden, so dass Kirchenasyle in der Regel nach sechs Monaten beendet werden können.

Benedikt Kern erklärt: «Wir lassen uns deshalb von den Behörden nicht die Regeln für das Kirchenasyl vorschreiben, denn es handelt sich hier um eine Solidaritäts- und Menschenrechtspraxis, die wir aus unserer christlichen Grundüberzeugung heraus leisten. Angesichts steigender Dublin-Überstellungen sind Kirchengemeinden deshalb um so stärker dazu herausgefordert, Kirchenasyl zu bieten. Die 1,4 Prozent von positiven Dossierentscheidungen entmutigen uns nicht, an dieser Praxis des zivilen Ungehorsams in den Kirchengemeinden in NRW festzuhalten.»

Kontakt:
Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.
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